Betriebsbedingte Kündigung - Alles, was Sie wissen müssen
Das Wichtigste in Kürze:
- Eine betriebsbedingte Kündigung gibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, beim Wegfall von Arbeitsplätzen Arbeitsverträge zu kündigen.
- Betriebsbedingte Kündigungen sind häufig fehlerhaft, sodass die Aussichten auf eine Abfindung hoch sind.
- Es ist wichtig, innerhalb von drei Wochen gegen eine Kündigung vorzugehen. Andernfalls ist die Kündigung wirksam.
Was ist die betriebsbedingte Kündigung?
Bei der betriebsbedingten Kündigung kündigt der Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag, weil weniger Arbeitskräfte benötigt werden. Die Gründe, die dazu führen, dass der Bedarf nach Arbeitskräften sinkt, lassen sich in zwei Gruppen unterteilen:
- Betriebliche Gründe: Betriebliche Gründe sind etwa die Auslagerung von Bereichen in das Ausland oder externe Dienstleister. Sinkt etwa durch den Einsatz von Robotern der Bedarf an Produktionsmitarbeitern, kann eine betriebliche Kündigung ausgesprochen werden.
- Außerbetriebliche Gründe: Außerbetriebliche Gründe sind etwa ein Umsatzrückgang, der durch starke Konkurrenz verursacht wird, oder anderweitige Gründe, die dazu führen, dass die Nachfrage nach Produkten sinkt.
Folgende Aspekte sind für die betriebsbedingte Kündigung maßgeblich:
- Alternativlos: Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur zulässig, wenn die Kündigung alternativlos ist. Ist etwa eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Bereich möglich, ist die betriebsbedingte Kündigung unzulässig.
- Soziale Schwäche: Im Rahmen der betriebsbedingten Kündigung werden die Mitarbeiter gekündigt, die am wenigsten Schutz bedürfen. Der Schutzbedarf bestimmt sich nach dem Alter, der Betriebszugehörigkeit, den eigenen Kindern und ob eine Schwerbehinderung vorliegt.
- Häufigster Kündigungsgrund: Die betriebsbedingte Kündigung ist der häufigste Kündigungsgrund in der Praxis.
Hinweis: Viele Arbeitgeber machen bei der betriebsbedingten Kündigung Fehler, entsprechend bestehen gute Chancen, eine Abfindung zu erhalten.
Betriebsbedingte Kündigung erhalten, was tun?
Wenn Sie eine betriebsbedingte Kündigung erhalten haben, ist es sehr wichtig, dass Sie die folgenden Hinweise beachten.
- Schnell zum Anwalt: Sie sollten schnellstmöglich einen Anwalt kontaktieren. Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen erhoben werden. Damit ausreichend Zeit für die Bearbeitung des Falls bleibt, sollten Sie sich so schnell wie möglich an einen Anwalt wenden.
- Nichts unterschreiben: Sie sollten im Rahmen der Kündigung keine Dokumente unterschreiben. Teilweise versuchen Arbeitgeber, Arbeitnehmer davon zu überzeugen, eine Verzichtserklärung zu unterschreiben, damit Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erheben können. Solche Erklärungen sollten Sie nur nach Rücksprache mit einem Anwalt unterschreiben.
- Arbeitslos melden: Sie müssen sich schnell arbeitslos melden. Passiert dies nicht, besteht das Risiko, dass die Agentur für Arbeit das Arbeitslosengeld kürzt.
Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung
Betriebsbedingte Kündigungen unterliegen in Deutschland strengen Anforderungen, damit diese zulässig sind. Hintergrund der Voraussetzungen ist, dass Angestellte auf Ihre Arbeit angewiesen sind, sodass besondere Voraussetzungen vorliegen müssen, um einen Arbeitsvertrag kündigen zu können. Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen, damit eine betriebsbedingte Kündigung zulässig ist:
- Wegfall des Arbeitsplatzes: Aufgrund der betrieblichen Erfordernisse müssen Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen. Die Gründe für den gesunkenen Bedarf können unterschiedlich sein. So kann etwa die Schließung eines Bereiches oder auch eine sinkende Kundennachfrage dazu führen, dass weniger Mitarbeiter benötigt werden. Die Entscheidung, die zum Wegfall der Arbeitsplätze geführt hat, wird von Gerichten nur eingeschränkt überprüft.
- Keine Austauschkündigung: Nicht zulässig ist es, Mitarbeiter aus betrieblichen Gründen zu kündigen und durch günstigere Mitarbeiter zu ersetzen. Solche Austauschkündigungen sind unzulässig. Es ist allerdings zulässig, Mitarbeiter zu kündigen, wenn die Aufgaben fortan von einem externen Dienstleister übernommen werden sollen.
- Prognose: Wenn die Kündigung erklärt wird, darf objektiv am Ende der Kündigungsfrist kein Bedarf für die Arbeit mehr bestehen. Damit sind Vorratskündigungen unzulässig, die erklärt werden, weil noch nicht klar ist, ob in der Zukunft noch Bedarf besteht.
- Keine Alternative: Die betriebsbedingte Kündigung ist nur zulässig, wenn keine Alternative zur Kündigung besteht. Das bedeutet etwa, dass weder die Möglichkeit besteht, den Mitarbeiter in einem anderen Bereich zu beschäftigen, noch Kurzarbeit oder ähnliches in Betracht kommt.
- Sozialauswahl: Bei der Sozialauswahl wird ausgewählt, welches Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Die Auswahl erfolgt dabei danach, welcher Arbeitnehmer am wenigsten schutzbedürftig ist. Für die Schutzbedürftigkeit ist das Lebensalter, die Betriebszugehörigkeit, unterhaltspflichtige Kinder und das Vorliegen einer Schwerbehinderung relevant.
Ausgewählte Mitarbeiter können nicht oder nur sehr eingeschränkt gekündigt werden. In folgenden Fällen ist die Kündigung nur ausnahmsweise möglich:
- Betriebsratsmitglieder
- Schwangere
- Auszubildende
- Wehrdienstleistende
Dazu gelten die genannten Anforderungen für die betriebsbedingte Kündigung nur, wenn die beiden folgenden Voraussetzungen vorliegen:
- 6 Monate: Das Kündigungsschutzgesetz setzt voraus, dass Mitarbeiter wenigstens 6 Monate für den Arbeitgeber gearbeitet haben. Vorher ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar.
- 10 Mitarbeiter: Das Kündigungsschutzgesetz gilt nur für Arbeitgeber mit mehr als 10 Angestellten. Hat ein Arbeitgeber weniger als 10 Angestellte, ist eine Kündigung unter deutlich einfacheren Voraussetzungen möglich.
Wie erfolgt die Sozialauswahl?
Bei der Sozialauswahl werden die Mitarbeiter ausgewählt, die sozial am stärksten sind und deshalb durch eine Kündigung am wenigsten beeinträchtigt werden. Hintergrund der Sozialauswahl ist, dass kein Fehler eines Mitarbeiters zu einer Kündigung führt. Entsprechend soll die Kündigung den Mitarbeiter treffen, der die Kündigung am besten verkraften kann, etwa weil er gute Chancen am Arbeitsmarkt hat.
Die Sozialauswahl erfolgt in drei Schritten:
- Auswahl: In einem ersten Schritt wird ausgewählt, zwischen welchen Mitarbeitern die Sozialauswahl erfolgt. Ausgewählt wird zwischen Arbeitnehmern, die gleichwertige Aufgaben übernehmen und deren Bereiche von einem geringeren Bedarf an Arbeitskräften betroffen sind.
Beispiel: In einem Unternehmen übernehmen ungelernte Angestellte die Reinigungsaufgaben. Wenn die Reinigung des Unternehmens an ein externes Unternehmen übertragen wird, dann werden die Produktionsarbeiter nicht in die Auswahl einbezogen, ungelernte Angestellte am Empfang hingegen schon. - Kriterien: Die Kriterien für die Sozialauswahl sind die Betriebszugehörigkeit, das Alter, bestehende Unterhaltspflichten und das Vorliegen einer Schwerbehinderung. Der Arbeitgeber hat einen Wertungsspielraum, wie die Kriterien gewichtet werden. Die Gewichtung erfolgt in der Regel nach Punkten (z.B. einen Punkt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit, 5 Punkte pro Kind usw.).
- Ausnahmen: Der Arbeitgeber darf einzelne Arbeitnehmer auswählen, die nicht in die Sozialauswahl einbezogen werden. Dabei werden insbesondere Arbeitnehmer ausgewählt, die aufgrund ihrer Leistungen oder Fähigkeiten unersetzbar sind (sog. Leistungsträger).
Wie läuft eine betriebsbedingte Kündigung ab?
Eine betriebsbedingte Kündigung kommt in der Regel nicht ohne Anzeichen. Befindet sich ein Unternehmen in einer Krise, ist es für Angestellte sinnvoll, durch Weiterbildungen die eigenen Einsatzmöglichkeiten in dem Unternehmen zu erhöhen. Erfolgt trotzdem eine Kündigung, läuft eine betriebsbedingte Kündigung folgendermaßen ab:
- Betriebsrat: Sofern ein Betriebsrat vorliegt, ist die Anhörung des Betriebsrates vor Kündigung des Arbeitsvertrages erforderlich, § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG.
- Zustimmung: Bei einigen Angestellten muss der Kündigung zugestimmt werden. Etwa setzt die Kündigung eines Schwerbehinderten voraus, dass das Integrationsamt vorab der Kündigung zustimmt, § 168 SGB IX.
- Kündigung: Anschließend hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Kündigung zu erklären. Die Kündigung muss schriftlich erklärt werden, deshalb ist etwa eine Kündigung per E-Mail oder am Telefon unwirksam.
- Ablauf der Kündigungsfrist: Der Arbeitsvertrag endet erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Die Kündigungsfrist ist von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig. Bei fünf Jahren Betriebszugehörigkeit beträgt die Kündigungsfrist 2 Monate. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist erhält der Arbeitnehmer weiter Gehalt und ist dazu verpflichtet, zu arbeiten.
Verteidigung gegen eine betriebsbedingte Kündigung?
Die betriebsbedingte Kündigung erfordert ein sorgfältiges Vorgehen des Arbeitgebers. Viele Arbeitgeber machen hierbei Fehler, sodass Arbeitnehmer gute Chancen haben, gegen eine Kündigung vorzugehen. Folgende Verteidigungsmöglichkeiten sind häufig erfolgreich:
- Fehler bei der Sozialauswahl: Arbeitgeber machen häufig Fehler bei der Sozialauswahl. Hintergrund ist, dass Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer kündigen wollen, ohne dass eine verhaltens- oder personenbezogene Kündigung zulässig wäre. Die betriebsbedingte Kündigung ist nur zulässig, wenn die strengen Anforderungen der Sozialauswahl eingehalten werden. Andernfalls ist die Kündigung unzulässig.
- Nicht alternativlos: Eine weitere Fehlerquelle liegt vor, wenn die Kündigung durch eine anderweitige Beschäftigung im Unternehmen oder bei plötzlichen Ereignissen etwa durch Kurzarbeit verhindert werden kann.
- Kein Wegfall: Ein weiterer Fehler liegt darin, dass der Arbeitgeber nicht nachweisen kann, dass Arbeitsplätze aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse wegfallen. Soll die Tätigkeit durch günstigere Angestellte übernommen werden, handelt es sich um eine unzulässige Austauschkündigung.
Hinweis: Bei einer betriebsbedingten Kündigung bestehen sehr gute Chancen, eine Abfindung zu erhalten.
Abfindung bei einer betriebsbedingten Kündigung
Bei einer betriebsbedingten Kündigung bestehen sehr gute Chancen für eine Abfindung. Gekündigte Mitarbeiter haben in diesen drei Fällen einen Anspruch auf eine Abfindung:
- Angebot: Im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung anbieten, wenn der Arbeitnehmer nicht gegen die Kündigung gerichtlich vorgeht. Die Höhe der Abfindung beträgt ein halbes Monatsgehalt für jedes Betriebsjahr.
- Gericht: Das Gericht kann im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses eine Abfindung festlegen. Erforderlich ist dafür, dass die Kündigung nicht gerechtfertigt ist, allerdings das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer so belastet ist, dass es nicht zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis weiterzuführen.
- Vergleich: Der häufigste Weg, wie Angestellte eine Abfindung erhalten, ist über eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Teilweise bieten Arbeitgeber von sich aus eine Abfindung an. In den meisten Fällen erklären Arbeitgeber die Kündigung, ohne eine Abfindung anzubieten. Erst wenn der gekündigte Mitarbeiter gegen die Kündigung mit einem Anwalt vorgeht, bieten Arbeitgeber in den Verhandlungen mit dem Anwalt eine Abfindung an.
Höhe der Abfindung
Als Faustformel beträgt die Abfindung ein halbes Monatsgehalt für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit. Wie hoch die Abfindung in einem konkreten Einzelfall ausfällt, ist von den jeweiligen Umständen abhängig. Folgende Aspekte beeinflussen die Höhe der Abfindung:
- Erfolgsaussichten: Besonders hohe Bedeutung für die Höhe der Abfindung haben die Erfolgsaussichten einer möglichen Kündigungsschutzklage. Je höher die Erfolgsaussichten, desto höher die Abfindung.
- Gehalt: Die Abfindung wird in der Regel in Monatsgehältern bemessen. Entsprechend hat die Höhe des Gehaltes einen hohen Einfluss darauf, wie hoch die Abfindung ausfällt.
- Betriebszugehörigkeit: Die Betriebszugehörigkeit spielt eine wichtige Rolle für die Höhe der Abfindung. Dabei gilt, je länger die Betriebszugehörigkeit, desto höher ist die Abfindung.
- Verhandlungsgeschick: Auch das Verhandlungsgeschick spielt eine wichtige Rolle für die Höhe der Abfindung. Mit einer überzeugenden Argumentation und Erfahrung im Arbeitsrecht lässt sich die Abfindung häufig stark steigern.
