Arbeitsrecht
Verhaltensbedingte Kündigung

Verhaltens­bedingte Kündigung: Erfahre, wann sie wirksam ist

Tobias Escherich, Volljurist
Aktualisiert am 
19.10.2025
5
 Min. Lesedauer

Das Wichtigste in Kürze:

  • Bei einer schwerwiegenden Pflichtverletzung können Angestellte verhaltensbedingte gekündigt werden.
  • Eine Kündigung kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn eine vorherige Abmahnung keinen Erfolg hatte.
  • Arbeitgeber kündigen häufig, obwohl die Voraussetzungen für die Kündigung nicht vorliegen. In solchen Fällen bestehen gute Chancen auf eine Abfindung oder Wiedereinstellung.

Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?

Ein Arbeitgeber kann eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen, wenn ein Arbeitnehmer eine schwerwiegende Pflichtverletzung begeht. Erforderlich ist eine Pflichtverletzung, die so schwer wiegt, dass nicht zu erwarten ist, dass in der Zukunft das Arbeitsverhältnis ohne Störungen abläuft. Folgende Aspekte sind bezüglich der verhaltensbedingten Kündigung zu berücksichtigen:

  • Keine Sanktion: Die Kündigung dient nicht als Strafe für eine Pflichtverletzung. Die Kündigung ist darauf ausgerichtet, zu verhindern, dass in der Zukunft Störungen des Arbeitsvertrages auftreten. Entsprechend kommt die verhaltensbedingte Kündigung in Betracht, wenn davon auszugehen ist, dass auch in der Zukunft Pflichtverletzungen auftreten werden.
  • Letztes Mittel: Die Kündigung kommt nur in Betracht, wenn weniger intensive Mittel nicht in Betracht kommen. Wenn etwa davon auszugehen ist, dass eine Abmahnung entsprechende Pflichtverletzungen in der Zukunft verhindern wird, ist eine Kündigung ausgeschlossen, da die Abmahnung weniger stark in die Rechte des Angestellten eingreift und ebenfalls erfolgsversprechend ist.

Wie sind die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung?

Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt in Betracht, wenn eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegt. Insgesamt müssen die folgenden Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung vorliegen:

  • Pflichtverletzung: Grundvoraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine Pflichtverletzung des Angestellten. Beispiele für Pflichtverletzungen ist etwa das unentschuldigte Fehlen, häufiges Zu-Spät-Kommen oder unbrauchbare Arbeitsergebnisse. Die Pflichtverletzung kann auch außerhalb der Arbeit erfolgen. Sofern das pflichtwidrige Verhalten außerhalb der Arbeit erfolgt ist, rechtfertigt es eine Kündigung nur, wenn ein konkreter Bezug zur Arbeit besteht. Grundsätzlich kommt eine Pflichtverletzung nur in Betracht, wenn dem Angestellten die Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann.
  • Negative Prognose: Es muss die Aussicht bestehen, dass entsprechende Vertragsverletzungen auch in der Zukunft drohen. Die Kündigung ist – wie besprochen – keine Strafe für begangene Pflichtverletzungen, sondern soll Vertragsverletzungen in der Zukunft verhindern. Grundlage der Prognose ist allerdings das Verhalten in der Vergangenheit. Für die Prognose ist von Bedeutung, wie häufig und wie schwer die bisherigen Pflichtverletzungen waren.
  • Alternativlos: Eine Kündigung kommt nur in Betracht, wenn keine andere Mittel zur Verfügung stehen, die in die Rechte des Arbeitnehmers weniger eingreifen und ebenfalls verhindern, dass in der Zukunft Vertragsverletzungen eintreten. Als milderes Mittel kommt insbesondere die Abmahnung in Betracht. Bei einem erstmaligen Verstoß reicht grundsätzlich eine Abmahnung aus, um den Angestellten auf die Pflichtverletzung hinzuweisen. Nur ausnahmsweise kommt eine Kündigung ohne Abmahnung in Betracht. Außerdem muss geschaut werden, ob es einen freien Arbeitsplatz im Unternehmen gibt, bei dem keine Pflichtverletzungen zu erwarten sind.
  • Interessenabwägung: Im letzten Schritt müssen die Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers abgewogen werden. Eine Kündigung kommt nur in Betracht, wenn die Interessen des Arbeitgebers überwiegen. Im Rahmen der Abwägung ist zu berücksichtigen, welches Gewicht die Pflichtverletzung hat, zu welchem Grad ein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegt und wie lange das Arbeitsverhältnis bereits ohne Störungen besteht.

Die genannten Voraussetzungen der verhaltensbedingten Kündigung setzen voraus, dass das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Das Kündigungsschutzgesetz ist anwendbar, wenn die beiden folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • 6 Monate: Das Kündigungsschutzgesetz setzt voraus, dass Mitarbeiter wenigstens 6 Monate für den Arbeitgeber gearbeitet haben. Vorher ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar.
  • 10 Mitarbeiter: Das Kündigungsschutzgesetz gilt nur für Arbeitgeber mit mehr als 10 Angestellten. Hat ein Arbeitgeber weniger als 10 Angestellte, ist eine Kündigung unter deutlich einfacheren Voraussetzungen möglich.

Ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar, sind die Anforderungen an eine Kündigung deutlich niedriger.

Beispiele für verhaltensbedingte Kündigungsgründe

In den folgenden Fällen kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht:

  • Arbeitsverweigerung: Bei Arbeitsverweigerung kommt eine Kündigung erst in Betracht, wenn eine bewusste und nachhaltige Verweigerung vorliegt. Bevor eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung möglich ist, muss zuvor eine Abmahnung erfolgen. Bei einer einmaligen Arbeitsverweigerung kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsverweigerung wiederholt auftritt. Keine Arbeitsverweigerung liegt vor, wenn die Weisung des Arbeitgebers rechtswidrig ist. Verweigert der Arbeitnehmer etwa die Weisung, eine Straftat zu begehen, liegt keine Arbeitsverweigerung vor.
  • Schlechte Arbeit: Arbeitnehmer, die nachhaltig schlechte Arbeit leisten, können zuerst abgemahnt und anschließend gekündigt werden, sofern sich die Arbeit nach der Kündigung nicht bessert. Allerdings schuldet ein Arbeitnehmer kein konkretes Arbeitsergebnis, sondern das Bemühen. Eine Schlechtleistung liegt entsprechend vor, wenn der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft. Die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer weniger schafft als die übrigen Mitarbeiter, führt noch nicht automatisch zu einer Schlechtleistung.
  • Drogen: Drogenkonsum während der Arbeit rechtfertigt grundsätzlich eine Kündigung, wenn der Drogenkonsum dazu geführt hat, dass der Arbeitnehmer weniger oder schlechter arbeitet. Außerdem kommt eine Kündigung nur in Betracht, wenn eine vorherige Abmahnung zu keiner Besserung geführt hat.
  • Beleidigung: Angestellte, die ihren Chef oder ihre Kollegen beleidigen, müssen mit einer Kündigung rechnen. Ob eine Kündigung in Betracht kommt, hängt von den einzelnen Umständen ab. Ob eine Beleidigung eine Kündigung rechtfertigt hängt unter anderem davon ab, was genau gesagt wurde, ob ein sachlicher Bezug zu der Arbeit vorliegt, ob ein konkreter Anlass für die Beleidigung bestand, das Verhalten des Opfers, ob eine Provokation vorlag usw.
  • Mobbing: Angestellte, die ihre Kollegen mobben, können gekündigt werden. Eine Kündigung kommt insbesondere in Betracht, wenn das Mobbing ein solches Ausmaß erreicht, dass es das Opfer krank macht. Grundsätzlich gilt, dass eine Kündigung umso eher in Betracht kommt, desto intensiver das Mobbing ist.

Ist die verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung möglich?

Eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung kommt in Betracht, wenn eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt. Die Kündigung ohne Abmahnung ist die Ausnahme. Eine Kündigung ohne Abmahnung kommt insbesondere in Betracht, wenn eine so schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt, dass das Vertrauensverhältnis zerstört wurde. In folgenden Fällen kommt eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung in Betracht: 

  • Straftat: Mitarbeiter, die eine schwerwiegende Straftat während der Arbeit begehen, z.B. Unternehmenseigentum stehlen, können ohne Abmahnung gekündigt werden.
  • Arbeitszeitbetrug: Wenn ein Arbeitgeber herausfindet, dass ein Mitarbeiter nachhaltig vortäuscht zu arbeiten, tatsächlich allerdings nicht arbeitet, liegt Arbeitszeitbetrug vor. In einem solchen Fall kommt eine Kündigung ohne Abmahnung in Betracht.
  • Schwerwiegende Pflichtverletzung: Auch bei extrem schwerwiegenden Pflichtverletzungen kommt ausnahmsweise eine Kündigung ohne Abmahnung in Betracht. Wenn beispielsweise ein Chefarzt während einer Operation am Handy spielt und dadurch einen Operationsfehler begeht, kommt eine Kündigung ohne Abmahnung in Betracht.

Verhaltensbedingte Kündigung erhalten, was tun?

Wenn Sie eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten haben, ist es sehr wichtig, dass Sie die folgenden Hinweise beachten.

  • Schnell zum Anwalt: Sie sollten schnellstmöglich einen Anwalt kontaktieren. Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen erhoben werden. Damit ausreichend Zeit für die Bearbeitung des Falls bleibt, sollten Sie sich so schnell wie möglich an einen Anwalt wenden.
  • Nichts unterschreiben: Sie sollten im Rahmen der Kündigung keine Dokumente unterschreiben. Teilweise versuchen Arbeitgeber, Arbeitnehmer davon zu überzeugen, eine Verzichtserklärung zu unterschreiben, damit Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erheben können. Solche Erklärungen sollten sie nur nach Rücksprache mit einem Anwalt unterschreiben.
  • Arbeitslos melden: Sie müssen sich schnell arbeitslos melden. Passiert dies nicht, besteht das Risiko, dass die Agentur für Arbeit das Arbeitslosengeld kürzt.

Abfindung bei einer verhaltensbedingten Kündigung

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung bestehen häufig gute Chancen für eine Abfindung. Gekündigte Mitarbeiter können auf diesen Wegen eine Abfindung erhalten:

  • Gericht: Das Gericht kann im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses eine Abfindung festlegen. Erforderlich ist dafür, dass die Kündigung nicht gerechtfertigt ist, allerdings das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer so belastet ist, dass es nicht zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis weiterzuführen.
  • Vergleich: Der häufigste Weg, wie Angestellte eine Abfindung erhalten, ist über eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Teilweise bieten Arbeitgeber von sich aus eine Abfindung an. In den meisten Fällen erklären Arbeitgeber die Kündigung, ohne eine Abfindung anzubieten. Erst wenn der gekündigte Mitarbeiter gegen die Kündigung mit einem Anwalt vorgeht, bieten Arbeitgeber in den Verhandlungen mit dem Anwalt eine Abfindung an.

Arbeitgeber kündigen Arbeitnehmer häufig, obwohl die Voraussetzungen für die verhaltensbedingte Kündigung nicht vorliegen. Entsprechend haben Sie gute Chancen auf eine Abfindung. Alternativ besteht häufig auch die Möglichkeit, wiedereingestellt zu werden.

Häufig gestellte Fragen

Was ist eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung?
Bei einer Pflichtverletzung des Angestellten kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht. Bei einer ordentlichen Kündigung wird der Arbeitsvertrag mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet.
Was ist ein Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung?
Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine schwerwiegende Pflichtverletzung (z.B. eine Straftat begehen). Die Pflichtverletzung muss das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zerstören.
Droht bei einer verhaltensbedingten Kündigung eine Sperrzeit
Bei einer verhaltensbedingten Kündigung haben Arbeitnehmer die Kündigung veranlasst. Entsprechend wird bezüglich des Arbeitslosengeldes häufig eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt.
Nach wie vielen Abmahnung kommt es zu einer Kündigung?
Eine Kündigung kommt nach mehreren Abmahnungen in Betracht. Eine Abmahnung reicht oft nicht aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen.
Bekommt man bei einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abfindung?
Bei einer verhaltensbedingten Kündigung haben Sie die Möglichkeit, eine Abfindung zu erhalten, wenn Sie sich gegen die Kündigung verteidigen.

Mandanten

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