Zeitarbeit kein Einsatz: Droht die Kündigung?
Das Wichtigste in Kürze:
- Zeitarbeiter ohne Einsatz können nur in Ausnahmefällen gekündigt werden.
- Eine Kündigung kommt nur in Betracht, wenn dauerhaft keine Aussicht auf einen Einsatz besteht.
- Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, haben Sie gute Aussicht auf eine Weiterbeschäftigung oder eine Abfindung.
Können Zeitarbeiter ohne Einsatz gekündigt werden?
Zeitarbeiter ohne Einsatz können gekündigt werden, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass dauerhaft keine Möglichkeit für einen Einsatz besteht und auch nach einer Umschulung keine Einsatzmöglichkeit besteht. Konkret muss der Arbeitgeber nachweisen, dass nicht lediglich ein kurzfristiger Auftragsrückgang vorliegt, der auch mehrere Monate dauern kann. Hintergrund für die hohen Anforderungen ist, dass der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt. Entsprechend muss der Arbeitgeber kurzfristige Schwankungen aushalten. Eine Kündigung von Leiharbeitern ohne Einsatz kommt deshalb nur in Betracht, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
- Alles getan: Der Arbeitgeber muss alles getan haben, um ein neues Projekt für den Zeitarbeiter zu finden. Das bedeutet konkret, dass intensiv versucht werden muss, ein passendes Projekt zu finden.
- Umschulung: Eine Kündigung ist nur zulässig, wenn auch eine Umschulung nicht dazu führen würde, dass es für den Leiharbeiter ein passendes Projekt gibt.
- Nachhaltige Krise: Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass es sich um einen dauerhaften Auftragsrückgang handelt. Es darf also auch in den nächsten Monaten und Jahren keine Aussicht auf einen Einsatz bestehen.
Wenn alle diese Voraussetzungen vorliegen, kommt eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Das bedeutet allerdings nicht, dass dem Leiharbeiter gekündigt werden darf, der aktuell keinen Einsatz hat. Stattdessen muss der Arbeitgeber dem sozialschwächsten Mitarbeiter kündigen. Der Arbeitgeber muss also eine Sozialauswahl vornehmen.
Wie erfolgt die Sozialauswahl?
Die Sozialauswahl erfolgt in drei Schritten, zuerst wird geschaut, zwischen welchen Arbeitnehmern die Auswahl erfolgt, anschließend wird die Auswahl getroffen und in einem dritten Schritt darf der Arbeitgeber besonders wichtige Leistungsträger aus der Auswahl ausschließen:
- Vergleichsgruppe: Zuerst wird die Vergleichsgruppe gebildet. Erfasst werden alle Arbeitnehmer in einem Unternehmen, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben. Im Rahmen der Zeitarbeit sind dabei auch solche Angestellte des Arbeitgebers zu berücksichtigen, die sich aktuell auf einem Projekt befinden.
- Auswahl: Nachdem die Vergleichsgruppe bestimmt wurde, wird in einem nächsten Schritt ausgewählt, welchem Angestellten bzw. welchen Angestellten gekündigt wird. Es wird dem sozialstärksten Angestellten gekündigt. Die Auswahl erfolgt anhand des Lebensalters, der Betriebszugehörigkeit, den Unterhaltspflichten und dem Vorliegen einer Schwerbehinderung. Deshalb werden in der Regel junge Angestellte ohne Kinder gekündigt, da diese am sozialstärksten sind.
- Leistungsträger: Der Arbeitgeber darf bestimmte Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl ausschließen. Erforderlich ist, dass es im betrieblichen Interesse liegt, die Arbeitnehmer im Betrieb zu behalten. So kann ein Mitarbeiter etwa aufgrund seiner Fähigkeiten oder Kenntnisse für den Betrieb unentbehrlich sein.
Wie sind die Anforderungen an eine betriebsbedingte Kündigung?
Bezüglich der Kündigung sind die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:
- Kündigungsschutzgesetz: Die genannten Anforderungen für die betriebsbedingte Kündigung gelten nur, wenn der Zeitarbeiter seit mindestens 6 Monaten für den Arbeitgeber arbeitet. Die Arbeitszeit bezieht sich nicht auf ein Projekt, sondern die Beschäftigung bei dem Zeitarbeitsunternehmen. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, sind die Anforderungen an eine Kündigung deutlich niedriger.
- Schriftlich: Die Kündigung muss schriftlich erklärt werden. Das bedeutet insbesondere, dass eine Kündigung nicht am Telefon oder per Mail erklärt werden kann.
- Betriebsrat: Sofern das Zeitarbeitsunternehmen einen Betriebsrat hat, muss dieser vor der Kündigung angehört werden.
- Kündigungsfrist: Der Arbeitsvertrag endet erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Abhängig von der Beschäftigungsdauer liegt die Kündigungsfrist zwischen 4 Wochen und 7 Monaten. Es besteht die Möglichkeit, dass Tarifverträge abweichende Regelungen enthalten.
- Besonderer Kündigungsschutz: Ausgewählte Angestellte, z.B. Betriebsratsmitglieder oder Schwangere, können nicht gekündigt werden.
Kündigung erhalten, was tun?
Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, ist es sehr wichtig, dass Sie die folgenden Hinweise beachten.
- Schnell zum Anwalt: Sie sollten schnellstmöglich einen Anwalt kontaktieren. Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen erhoben werden. Damit ausreichend Zeit für die Bearbeitung des Falls bleibt, sollten Sie sich so schnell wie möglich an einen Anwalt wenden. Eine Verteidigung gegen eine Kündigung von Zeitarbeitern hat gute Aussichten auf Erfolg. Dafür muss die Klage allerdings rechtzeitig erhoben werden.
- Nichts unterschreiben: Sie sollten im Rahmen der Kündigung keine Dokumente unterschreiben. Teilweise versuchen Arbeitgeber, Arbeitnehmer davon zu überzeugen, eine Verzichtserklärung zu unterschreiben, damit Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erheben können. Solche Erklärungen sollten Sie nur nach Rücksprache mit einem Anwalt unterschreiben.
- Arbeitslos melden: Sie müssen sich schnell arbeitslos melden. Passiert dies nicht, besteht das Risiko, dass die Agentur für Arbeit das Arbeitslosengeld kürzt.
Abfindung bei einer Kündigung
Bei einer Kündigung von Zeitarbeitern ohne Einsatz bestehen sehr gute Chancen für eine Abfindung. Gekündigte Mitarbeiter haben in diesen drei Fällen einen Anspruch auf eine Abfindung:
- Angebot: Im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung anbieten, wenn der Arbeitnehmer nicht gegen die Kündigung gerichtlich vorgeht. Die Höhe der Abfindung beträgt ein halbes Monatsgehalt für jedes Betriebsjahr.
- Gericht: Das Gericht kann im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses eine Abfindung festlegen. Erforderlich ist dafür, dass die Kündigung nicht gerechtfertigt ist, allerdings das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer so belastet ist, dass es nicht zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis weiterzuführen.
- Vergleich: Der häufigste Weg, wie Angestellte eine Abfindung erhalten, ist über eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Teilweise bieten Arbeitgeber von sich aus eine Abfindung an. In den meisten Fällen erklären Arbeitgeber die Kündigung, ohne eine Abfindung anzubieten. Erst wenn der gekündigte Mitarbeiter gegen die Kündigung mit einem Anwalt vorgeht, bieten Arbeitgeber in den Verhandlungen mit dem Anwalt eine Abfindung an.
Die Höhe der Abfindung orientiert sich grundsätzlich am Gehalt und der Betriebszugehörigkeit. Als Faustformel beträgt die Abfindung ein Monatsgehalt für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit. Dazu beeinflussen auch weitere Faktoren die Höhe der Abfindung:
- Erfolgsaussichten: Besonders hohe Bedeutung für die Höhe der Abfindung haben die Erfolgsaussichten einer möglichen Kündigungsschutzklage. Je höher die Erfolgsaussichten, desto höher die Abfindung.
- Verhandlungsgeschick: Auch das Verhandlungsgeschick spielt eine wichtige Rolle für die Höhe der Abfindung. Mit einer überzeugenden Argumentation und Erfahrung im Arbeitsrecht lässt sich die Abfindung häufig stark steigern.
Hinweis: Sie haben möglicherweise einen Anspruch auf eine Nachzahlung von Gehalt. Leiharbeiter haben grundsätzlich einen Anspruch auf die gleiche Bezahlung wie Stammmitarbeiter in dem Unternehmen, in dem Sie eingesetzt wurden.
